Dienstag, 18. August 2009

Typisch Borges, oder ... ?

Borges' eigenes Vorwort zur Auflage von 1954 (Auszug):

Schon der exzessive Titel der vorliegenden Sammlung macht deren barocken Charakter kund. Die Texte im einzelnen abzuschwächen hätte soviel geheißen wie sie zu zerstören; deshalb berufe ich mich in diesem Falle lieber auf das Wort: „Quod scripsi scripsi“ (Johannes, 19, 22) und lasse sie nach zwanzig Jahren unverändert wiedererscheinen. Sie sind das unverantwortliche Spiel eines Zaghaften, der sich nicht dazu aufraffen konnte, Erzählungen zu schreiben, und der sich einen Zeitvertreib daraus machte, die Geschichten anderer zurechtzustutzen und zu verdrehen (in einigen Fällen ohne jegliche ästhetische Rechtfertigung). Von diesen Übungen zweideutigen Charakters ging er dann zu der mühsamen Komposition einer direkten Erzählung - „Mann von Esquina Rosada“ - über, die er mit dem Namen eines Urahns, Francisco Bustos, unterzeichnete, und der ein einzigartiger und ein wenig mysteriöser Erfolg beschieden war.

Die Weisen des Großen Fahrzeugs lehren, daß der wesentliche Inhalt des Universums die Leere ist. Sie sind vollauf im Recht, soweit es jenen minimalen Teil des Universums betrifft, der dieses Buch ist. Es wimmelt darin von Richtstätten und Piraten, und das Wort Niedertracht schlägt Lärm im Titel, aber hinter dem ganzen Aufruhr steht nichts. Das Ganze ist nichts weiter als Schein, als eine Oberfläche aus Bildern; vielleicht macht es gerade deshalb Vergnügen. Der Mensch, der es abfaßte, war ausreichend unglücklich, aber er unterhielt sich damit beim Schreiben; möge ein Widerschein dieser Freude bis zum Leser dringen.

J.L.B.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen